Deutschland, deine Lieder...

Nein, es war nicht das Friedensbier mit satten 5,8 Umdrehungen, das per Gutschein unters Volk gebracht wurde. Es war auch nicht die durch Hitze aufgeweichten Birnen des Publikums. Und doch rätselte noch am nächsten Tag so mancher, warum der Heimatlieder-Abend am Freitag im Theater so eindrucksvoll war. Eigentlich waren es ja "nur" acht Gruppen mit dem berühmten Migrationshintergrund aus zwei Städten, Augsburg und Berlin, die mehr oder minder traditionelle Musik ihrer Herkunftsländer präsentiert hatten.

Für Jochen Kühling (ganz rechts im Bild), Organisator des Projekts "Heimatlieder aus Deutschland", war die Erfahrung weniger neu. Nach einer ausverkauften Komischen Oper in Berlin und zwei Gastspielen in Neuss und Göttingen weiß der Musikproduzent, dass er einen Nerv getroffen hat mit Liedern, die, ausgehend von der Begeisterung der Musiker und Sänger, das Publikum nicht selten tief bewegen und sogar die ein oder andere Träne fließen lassen.

Aus Augsburg waren die alevitische Grup Mesk, die Allrounder Njamy Sitson mit Sohn (Kamerun) und Alexandrina Simeon mit drei jungen, bulgarischen Sängerinnen sowie Heide Ewerth aus Siebenbürgen mit von der Partie, die Bundeshauptstadt vertraten das Trio Fado (Portugal), La Caravane du Maghreb (Marokko-Algerien), Klapa Berlin (Kroatien) und Rafael Martinez, Ricardo Moreno und Pedro Abreu (Kuba).

In Veranstaltungsankündigungen wird gerne eine "musikalische Weltreise" versprochen, hier war sie es wirklich, dargeboten von Musikern, die allesamt schon lange in Deutschland leben und zu einem großen Teil Amateure sind. Mit angehaltenem Atem lauschten die Gäste den ungewohnten Klängen, hörten überlieferte Lieder, aber auch überraschende Neuschöpfungen, am auffälligsten natürlich beim portugiesischem Fado mit Obertongesang.

Zur besonderen Atmosphäre trug bei, dass alle Musiker den ganzen Abend mit auf der Bühne saßen und sich quasi in Echtzeit erste Kooperationen anbahnten. Über das "Guantanamera"-Schunkelfinale mit Publikumsbeteiligung breiten wir mal den Mantel des Schweigens. Nicht vergessen wollen wir aber die Tontechniker im Theater Augsburg, die einen formidablen Job machten mit acht komplett unterschiedlichen Ensembles im schnellen Wechsel und einigen ungewöhnlichen Instrumenten.

Die erstaunliche Wirkung dieses besonderen Abends zu erklären, ist eh kaum möglich, vermutlich ist es einfach das gute Händchen eines klugen Impressarios, der für sich, für seine Künstler und für sein Publikum eine Quelle angezapft hat, die vor allem im Livekonzert zum mitreißenden Strom wird. Für das Friedensfest hätte man sich auf jeden Fall keinen besseren Auftakt vorstellen können. (flo)

Fotos: Christian Menkel; weitere Bilder hier!

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