It Takes A Train To Dance

Es gibt Konzerte, in deren Anschluss man CDs kauft, die in der nächsten Kneipe liegenbleiben, ohne allzu großen Verlust zu verursachen. Und es gibt Konzerte, nach denen man den erworbenen Tonträger auf dem verregneten Heimweg wie einen Schatz hütet, ängstlich darauf bedacht, ja nicht zu stolpern oder von einem betrunkenen Maxstraßenbesucher angerempelt zu werden.

Das Konzert von Steve Train And His Bad Habits am Freitag im Kellergewölbe der Galerie Krüggling gehörte definitiv zur zweiten Sorte. Und das Tolle daran: Die Platte "The Lost Tapes Of Jack Rhodes" bietet sogar bei der Gutenachtdeutschland-Zigarette zu Hause noch anregenden Lesestoff in Form der von Franz Dobler verfassten Linernotes, die mit den Worten beginnen: "Es gibt Songs, die haben einen langen Weg hinter sich."

Steffen Zug alias Steve Train ist ein alter Bekannter der Rockabilly-Szene in Augsburg als Mitglied der dreiköpfigen Veranstalter- und DJ-Crew "Go-Go-Club". Mit Freunden und Musikerkollegen hat er nun seine erste Band gegründet und als Songmaterial Tonbänder der amerikanischen Liederschreiber Jack Rhodes und J.D. Fleetwood aus den 50ern auf Ebay ersteigert. Das Ergebnis ist eine Zeitreise durch alle Spielarten von Rock'n'Roll-Country-Billy bis zu 60ies-Garagenrock, ebenso bunt wie traditionell instrumentiert und zusammengehalten vom wahrscheinlich schüchternsten Frontmann diesseits des Mississippis und seiner markanten Stimme.

Nicht zu vergessen natürlich die schlechten Angewohnheiten: Max Rossing an der Leadgitarre und Howlin' Max Messer an Kontra- und E-Bass sind zwei geniale Sidekicks, hinten schaffen Lou Thompson an der Steel Guitar und Revelling Norberto an Keys und Akkordeon Gewürze ran wie ein vollbeladener Ostindienfahrer, während Schlagzeuger Simon Czermak von Bossa bis zum straighten Rock sämtliche Beatkaliber vor sich ausbreitet. Das Publikum bedankt sich mit frenetischem Applaus und lässt die Jungs nicht von der Bühne, auf Augsburger Art, versteht sich: "Nommlll!" ist der meistgehörte Anfeuerungsruf.

Wie alle gute Reisen ist das Konzert viel zu kurz, bekommt aber ein ausgedehntes Happy End am DJ-Pult, das Steffens Kollege Lefty passenderweise direkt vor dem offenen Kamin aufgebaut hat. Um es mit Kettcar zu sagen: Das Bild verdient Applaus. Und irgendwann spät in der Nacht, während unten noch das ganze Gewölbe tanzt, wirft der freundliche Security-Mitarbeiter einen letzten Blick auf die Gästeliste, als er über zwei Namen stolpert: Lou Cipher und Pete R. Pan - beide plus eins...

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