"Unmenschlich und durch nichts zu rechtfertigen"

Die Abschiebungen nach Afghanistan stoßen auch in Augsburg auf massive Kritik - der Augsburger Flüchtlingsrat ruft zur Demo am Samstag auf.

Der Augsburger Flüchtlingsrat berichtet vom Fall eines in Augsburg lebenden Afghanen, der für die US-Streitkräfte tätig war und am vergangenen Mittwoch verhaftet und nach Kabul gebracht wurde: "Fünf Jahre bemühte sich der 23-jährige Mann trotz aller Schwierigkeiten um Anschluss an die Gesellschaft. Er ist nie straffällig geworden und war in verschiedenen Berufen tätig. Ein Ausbildungsvertrag als Lebensmitteltechniker, den er mit Unterstützung der IHK erlangte, stand kurz vor der Unterzeichnung." In seinem Heimatland sei er "tödlichen Gefahren ausgesetzt". "Die Deportationen nach Afghanistan, so zeigt dieses Beispiel, sind unmenschlich und durch nichts zu rechtfertigen", so der Flüchtlingsrat.

Auch die IHK Schwaben forderte am Mittwoch "Augenmaß bei der Abschiebung von Afghanen". In Schwaben stammt demnach knapp ein Drittel von rund 550 Auszubildenden mit Fluchthintergrund aus Afghanistan. "Gerade die afghanischen Flüchtlinge sind aufgrund ihrer hohen Motivation, ihrer realistischen Berufswünsche und ihren guten Deutschkenntnisse passende Bewerber für unsere Betriebe in Branchen wie Lebensmittel- und Textilindustrie, Logistik, Handel sowie in der Gastronomie- und Hotellerie, die händeringend nach Bewerbern suchen", so Peter Saalfrank, Hauptgeschäftsführer der IHK Schwaben.

Die Grünen-Landtagsabgeordneten Christine Kamm kritisiert die Auswahl der Betroffenen: "Es wurden gerade nicht – wie vielfach behauptet – vor allem Kriminelle abgeschoben, sondern teils Integrationsvorbilder."

Am Mittwoch, 14.12, wurden erstmals 34 abgelehnte afghanische Asylbewerber von Frankfurt nach Kabul geflogen, "darunter acht aus Bayern", so Innenminister Joachim Herrmann (CSU). "Afghanische Sicherheitskräfte sorgen mit Unterstützung deutscher Bundeswehrsoldaten und Polizisten für die Sicherheit der dort lebenden Menschen", wehrt sich Herrmann gegen Kritik.

Der Augsburger Flüchtlingsrat ruft für Samstag, 17.12., zu einer Kundgebung und Demonstration unter dem Titel "Für ein friedliches Miteinander - Gegen Abschiebungen in Krieg und Perspektivlosigkeit" auf. Beginn ist um 12.00 Uhr am Königsplatz, die Route führt mit Zwischenstopps über den Moritzplatz, am Rathaus vorbei, zum Theater und wieder zurück zum Königsplatz. (flo)

Foto: Christian Menkel

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