Tausendundeine Robidogstation - ob wir das noch erleben dürfen? Augsburg arbeitet auf jeden Fall dran und wird trotzdem preisgekrönt. Außerdem sorgt eine Pressemeldung, die keine war, für Irritationen...
Augsburger Märchen sind lang

Es klingt wie im Märchen: Es war einmal ein reicher Bauer, der seine Arbeiter trotzdem gut behandelte. Der niedrigste seiner Angestellten verdiente im Jahr nicht weniger als er selbst in einem Monat. Das erschien ihm recht und billig, schließlich trug er ja die Verantwortung, sie aber mussten die schwere Arbeit verrichten. Und alle waren glücklich und zufrieden, denn so war jeder am Erfolg beteiligt. Und wenn sie nicht gestorben sind....
Tja, aber Märchen bleiben eben Märchen, selbst in der so märchenaffinen Schweiz. Dass jedoch die Volksabstimmung »1:12« ausgerechnet im Land der Nummernkonten stattfand, sollte den grauen Herren in den Chefetagen durchaus zu denken geben. Selbstverständlich schrie die Wirtschaft wieder Zeter und Mordio und schwor, das Land in Scharen zu verlassen, sollte die Abstimmung Erfolg haben. Die Rumpelstilzchen des Großkapitals können nicht anders, das kennt man ja. Dass wir immer noch darauf hereinfallen, leider auch. Über 60 Prozent der Eidgenossen lehnten den Vorschlag ab.
Das Lustige bei solchen Geschichten ist wie immer, dass nur ein sehr geringer Teil der Unternehmen überhaupt betroffen gewesen wäre. Darunter vermutlich auch Fußballvereine – und die Vorstellung ist nun wirklich viel zu schön, um wahr zu sein.
Aber bleiben wir beim Märchen. Wenn eine Kommune, die ihre Fahrradfahrer immer noch wie frischgelandete Außerirdische behandelt, als nachhaltigste Stadt Deutschlands ausgezeichnet wird, geht das allerdings eher als schlechter Scherz durch. Es ist natürlich schön zu wissen, dass im Baureferat nun Biokaffee getrunken wird, um auf so tolle Ideen zu kommen wie den roten Faden in der Konrad-Adenauer-Allee, den ein Radfahrer benutzen kann, aber nicht muss. Das erklären sie mal dem telefonierenden Autofahrer, der gerade seinen Außenspiegel in 20 Zentimeter Abstand zu ihrem linken Knie manövriert. Hoffentlich bekommen die Augsburger mit dem ganzen Innenstadtumbau auch eine Gebrauchsanweisung mitgeliefert.
Weitere gute Nachrichten aus Augsburg haben angeblich ebenfalls mit Nachhaltigkeit zu tun. Wie viele öffentliche Toiletten die Stadt Augsburg wohl hat? Wir wissen es nicht. Aber wir sind uns ziemlich sicher, dass Sie als Hund besser dran sind, wenn Sie mal müssen: 221 Hundekotabgabestellen, sogenannte »Robidog-Stationen«, gibt es bald in unserer schönen Stadt, die ja für ihr »Engagement« im Jahr 2011 mit dem Goldenen Fressnapf ausgezeichnet wurde.
Die nächsten 21 Kreuzweg-, pardon, Kotweg-Stationen will das Umweltreferat in Kürze aufstellen. Eine davon hat der Referent im November höchstpersönlich im Beisein der Presse montiert. »Die Sauberkeit unserer Stadt ist im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung eine gemeinschaftliche Aufgabe«, so Rainer Schaal. Nun könnte man trefflich streiten, ob die Entsorgung von Hundescheiße wirklich eine gemeinschaftliche Aufgabe ist oder nicht viel eher eine Pflicht der Tierbesitzer. Aber die Stadtregierung, die einen solchen Ansatz auch nur zu denken wagt, ist wahrscheinlich schneller weg vom Fenster als Peer Steinbrück »hätte« sagen kann. Insofern geht das Märchen der 1001 Hundetoiletten in Augsburg weiter, bis auch der letzte Scheißhaufen seinen Kübel gefunden hat.
Mit einem Märchen aufgeräumt hat unterdessen Pro Augsburg. Die Partei, die keine sein will, hat nach zwölf Jahren ihres Bestehens nun auch eine Jugendorganisation. Nun klingt das Wort »Jugendorganisation« ja schon verdammt nach Partei, aber die findigen Wortschmiede in der Hofrat-Röhrer-Straße wirken dem Ganzen prompt entgegen, indem sie einen betont positiven und juvenilen Namen gewählt haben: »JA – Junges Augsburg«. Wobei nicht ganz klar ist, ob ersteres die Abkürzung des zweiten ist. Wenn ja, dann heißt die Vereinigung also JA. Im anderen Fall hieße sie wohl JAJA. Hm.
Wir hätten Ihnen an dieser Stelle gern ein Foto der jungen Hoffnungsträger präsentiert und die Pressemeldung kam auch mit satten 17,4 MB Bildmaterial ins Redaktionspostfach getröpfelt, allerdings mit dem Hinweis versehen: »Verwendung der Bilder gegen Honorar« - ein Satz, der bei Redaktionsleitern extrem gut ankommt. Kann man machen. Any pressure is good pressure. Nichtsdestotrotz sind wir der Bürgervereinigung natürlich dankbar, denn auf eines ist Verlass: Wenn einem partout mal nichts einfällt für die Kolumne, kommt eine Pressemeldung von Pro Augsburg reingeschneit. Wir werden die lustige Polittruppe ehrlich vermissen.
Nachtrag: Die Mail (inklusive Pressemeldung) kam nicht von Pro Augsburg, sondern von einem etwas übereifrigen freien Fotografen, der seinen Namen nicht genannt haben will aber eine Richtigstellung. Wir entschuldigen uns bei Pro Augsburg für das Missverständnis.