Tausende Augsburger, die auf dem Rathausplatz unter dem Transparent »Wir sind Friedensstadt« gegen die AfD und ihre Bundeschefin protestieren, sind ein bemerkenswertes Zeichen...
Was ich nicht sage...

»Augsburg. Beim Neujahrsempfang der Alternative für Deutschland im Augsburger Rathaus hat Bundessprecherin Frauke Petry...«, so hätten am Abend des 12. Februar die Radionachrichten beginnen können. Stattdessen meldete Bayern 5: »Ein freundlicher Empfang sieht anders aus. Rund zweitausend Menschen demonstrierten auf dem Augsburger Rathausplatz gegen den Neujahrsempfang der AfD im historischen Rathaus und einen Auftritt von Bundessprecherin Frauke Petry.«
Tausende Augsburger, die auf dem Rathausplatz unter dem Transparent »Wir sind Friedensstadt« gegen die AfD und ihre Bundeschefin protestieren, sind ein bemerkenswertes Zeichen. Wobei man nicht vergessen sollte, dass die Mahnwache des »Bündnis für Augsburg« bereits vor der umstrittenen Äußerung über den Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge an der deutschen Grenze angemeldet worden war, also auch vor der ganzen Hausverbotsdebatte seitens unseres Oberbürgermeisters, der einen diesbezüglichen Antrag der Opposition vor dem Petry-Interview noch abgeschmettert hatte. Die kraftmeierischen Ankündigungen bei der Stadtratssondersitzung, die »Zeit der Sprachlosigkeit« sei nun vorüber, wirkten dann auch eher peinlich. Nichtsdestoweniger waren die Redebeiträge und Kurzvorstellungen von Aktivitäten in der Friedensstadt eine einigermaßen sinnvolle Gestaltung der Ausnahmesitzung, bei der sich Peter Grab mal wieder ins eh schon reichlich lädierte Knie schoss, nachdem seine WSA kurz vorher panikartig die Ausschussgemeinschaft mit der AfD verlassen hatte.
Kurt Gribl wiederum ist mit der Aktion nicht zuletzt die Chance in den Schoß gefallen, dem Label »Friedensstadt« neues Leben einzuhauchen. Offensichtlich empfinden viele Augsburger diese »Dachmarke« zeitgemäßer und vor allem aktivitätsfördernder als die ganzen Fugger-Brecht-Mozart-Schubladen. Die Hartnäckigkeit des Oberbürgermeisters, für seine Hausverbotspläne bis vor Gericht zu gehen, war natürlich auch ein (vermutlich unbeabsichtigtes) Signal in Richtung des Landesvaters, der im selben Zeitraum über die »Herrschaft des Unrechts« spintisierte, um die Rechtspopulisten auf dem Seitenstreifen zu überholen. Wobei Horst Seehofer dankenswerterweise noch ein valentineskes Axiom hinterherschickte: »Was ich nicht sage, meine ich auch nicht«, quasi die bayerische Interpretation von Meinungsfreiheit.
Wirklich angst und bange wird einem allerdings, wenn man diesen Spruch auf die anderen Parteien am Augsburger Stadtregierungskatzentisch anwendet: Die sagen so viel nicht, dass sich die Frage nach den damit verbundenen Meinungen im Prinzip erübrigt. Die Grünen streiten wenigstens hin und wieder, während SPD-Fraktionsführerin Margarete Heinrich augenscheinlich keine größeren Sorgen hat als die Lackierung der neuen Stadtwerke-Busse. Statt des silberfarbenen Anstrichs hätte man doch lieber die Stadtfarben drauf und will deswegen gleich den Stadtwerkechef vor den Stadtrat zitieren. Das Lustige daran ist freilich, dass mit einer Ausnahme sämtliche SPD-Stadträte irgendwo bei den Stadtwerken in einem Gremium sitzen, das wir hier mal lieber nicht als Aufsichtsrat bezeichnen wollen.
Fehlt eigentlich nur noch, das sich die Genossen über die Namensgebung bei den Nashornbabys im Augsburger Zoo empören. SPD-Wähler und andere aussterbende Arten fragen sich derweil längst, was der einstige OB-Kandidat Stefan »Kibo« Kiefer außerhalb der neuentdeckten Pflege seiner Gesichtsbehaarung so treibt. Zuletzt hat man den Sozialreferenten gesehen, als Staatsminister Ludwig Spaenle ein goldenes (!) Qualitätssiegel für die Bildungsregion Augsburg vorbeigebracht hat, worüber sich Maggie Peinlich bestimmt auch ob der Farbgebung echauffierte. »Qualität der Bildungsregion ist jetzt besiegelt«, schrieb die DAZ lakonisch dazu. Wir antworten mit Horst Seehofer: »Was ich nicht sage...«
Foto: Christian Menkel