Zickenkrieg in Stammheim

RAF. Jelinek. Alter Schwede. Beide Komplexe können ganz schnell nerven. Die österreichische Nobelpreisträgerin spiegelt in "Ulrike Maria Stuart" die beiden großen Frauen der Roten Armee Fraktion, Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin, mit zwei anderen berühmten Gegenspielerinnen, Maria Stuart und Elisabeth I. von England. Und wie man Elfriede Jelinek kennt, sollen dabei keine Gefangenen gemacht werden: "Die sollen sich in ihrer eigenen Scheiße wälzen", fordert die Autorin in der Vorrede zu ihrem Stück.

Man atmet auf, dass sich in Augsburg die Schauspieler nicht in Exkrementen suhlen, Regisseurin Sylvia Sobottka hat in der rasanten Inszenierung die meisten Fallen souverän umgangen. Zwar kommt sie auch nicht drum herum, die allzu bekannten Bilder und Schlagzeilen noch einmal zu zeigen, doch ist dieser ruhigste Moment in der Aufführung nur ein Luftholen. Eine Flut von Monologen wird von vielerlei Einfällen und technischen Spielereien umrahmt, Projektionen nehmen die ganze Bühnenrückwand ein, live eingespielte Videoszenen schaffen neue Bilder, selbst das Publikum wird gefilmt und so manch ein Zuschauer findet sich stark vergrößert auf der Leinwand wieder.

Das Revolutionstheater lässt Worte und Bilder regnen, fordert viel vom Ensemble (Ute Fiedler, Eva Maria Keller, Lea Sophie Salfeld und Florian Innerebner) und von den Zuschauern, die ständig angehalten sind, die sich ständig neuformierenden Redekaskaden zu durchdringen. Eine übergroße Perücke mit Brille für Meinhof, Sonnenbrille und Lederjacke für Ensslin, Glitzeranzug für Baader - die Protagonisten gehören in Zeiten des History-Entertainments längst zum Ikonenhausrepertoire des Bundesbürgers. Die Tochter von Ulrike Meinhof, Bettina Röhl, hat das Stück noch vor der Uraufführung 2006 heftig kritisiert und es historisch und faktisch als "einzigen Schmarrn" bezeichnet. Der Jelineksche RAF-Zickenkrieg ist keine Geschichtsstunde, bühnenreif ist er aber allemal und die Augsburger Inszenierung hat ihn anstrengend mitreißend verpackt und überwiegend toll gespielt.

Weitere Termine: 11., 13., 16., 19., 24., 25.10., 02., 10.11., 08., 16.12., 17.01.

Fotos: Nik Schölzel

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