Queerfilmnacht im Mephisto
Verfasst von Neue Szene am 05.06.2025
Jeden zweiten Montag im Monat im Mephisto Kino
Beim 3. Lärmfilm-Festival am 09.11. ließen Künstler*innen rund um das mehr*kollektiv queerfeministische Themen laut und sichtbar werden
Durch einen dunkelroten Samtvorhang betreten wir den Provino Club in Augsburg. Die Räume um die ehemalige Kegelbahn sehen heute etwas anders aus als sonst: An den Wänden und an der Decke schimmert es golden, verschiedene Dekoelemente wie Sektkelche und Federn erinnern an die 1920er Jahre. Gebrochen wird das Bild durch neonfarben besprühte Pappschilder mit Aufschriften wie „Love Sekt, hate Sexism“ oder „Riots not Diets“. Herzlich willkommen auf dem dritten queerfeministischen Stummfilm-Festival des mehr*kollektivs!
Eine beunruhigende Woche liegt hinter uns: Donald Trump wurde wieder (!) zum US-amerikanischen Präsidenten gewählt, die Koalition in Deutschland ist gescheitert. Noch dazu fanden vor genau 86 Jahren die Novemberpogrome statt und in vielen Ländern, wie auch hier bei uns, werden konservative und reaktionäre Bewegungen zunehmend stärker. Entwicklungen wie diese werden in der Begrüßungsrede von Vertreterinnen des mehr*kollektivs thematisiert und die Bedeutung der Kunst hervorgehoben: „Kunst spielt eine entscheidende Rolle als Medium für kritische Auseinandersetzung, Reflexion und Widerstand. Mit dem Lärmfilm-Festival wollten wir die Möglichkeit schaffen, Machtverhältnisse und Diskriminierungsmechanismen sichtbar zu machen und zu kritisieren, wütend zu sein und uns gegenseitig zu empowern.“
Sieben Stummfilme zu queerfeministischen Themen feiern Premiere
Anschließend eröffnet die Münchner Singer Songwriterin und Filmemacherin Mirabelle Rose den Abend. Mit ihrer sanften Stimme, ihren träumerischen Klängen und ihrer Bühnenpräsenz vertreibt sie innerhalb kürzester Zeit die düsteren Gedanken an die vergangenen Tage aus den Köpfen der Zuhörer*innen.
Dann der Hauptprogrammpunkt des Abends: die Lärmfilme. Sieben Stummfilme zu queerfeministischen Themen feiern Premiere. Bereits im November 2023 hatte das mehr*kollektiv öffentlich zur Beteiligung am Filmfestival aufgerufen. Über 30 FLINTA*s, also Frauen, Lesben, inter*, nicht-binäre, trans* und agender Personen, aus Augsburg und Umgebung fanden sich daraufhin für die Filmarbeit zusammen, konzipierten und produzierten verschiedene Stummfilme zu bisher übersehenen und überhörten Themen. Das Motto: „FLINTA*s werden laut“.
Ein deutlich spürbares Empowerment-Gefühl
Auf drei Leinwänden werden neben den aktuellen Filmen auch neun Filme der bisherigen Lärmfilm-Festivals gezeigt. Die zahlreichen Besucher*innen lachen etwa über den egozentrischen König im Puppentheater „Es war einmal“, der sein Smartphone befragt, wer denn die meiste Aufmerksamkeit im Land bekommt. In „Lust“ lassen sie sich mitreißen von der Begegnung zweier Frauen mit sich selbst und miteinander. Und sie staunen darüber, wie ausdrucksstark die Ton-Figuren im Stop-Motion-Film „Support“ die Auswirkungen von Minderheitenstress auf die mentale Gesundheit, aber auch die Unterstützung durch die Community zeigen. Weitere Themen, die in Filmen aufgearbeitet wurden, sind beispielsweise die Sichtbarkeit von FLINTA*s in der Geschichte und deren Rolle in religiösen Räumen, Ableismus und Queerfeindlichkeit, sexualisierte Gewalt und das fehlende Ernstnehmen von FLINTA*s in der Medizin. „Hier werden so viele Themen angesprochen, die bisher noch viel zu leise waren.“ Sätze wie diese sind am Samstagabend oft zu hören. „Unsere Filme sind Stummfilme, doch sie machen Lärm“ sagen die Veranstalter*innen des mehr*kollektivs. Ein Empowerment-Gefühl ist deutlich zu spüren.
Lärm macht auch das Zine, ein 40-seitiges DIY-Magazin, welches ebenfalls am Festivalabend veröffentlicht wird. Das Zine beinhaltet kreative und queerfeministische Beiträge von FLINTA* Künstler*innen aus Augsburg und Umgebung und kann weiterhin über das mehr*kollektiv erworben werden. Abgerundet wird das Festival mit einer After-Show-Party mit DJ Femme Fatale und queerfeministischem Rap/Trap.
Interdisziplinäre Veranstaltungen und die Vernetzung von kunstschaffenden FLINTA*s sind die Kerngedanken des mehr*kollektivs. „Wir möchten die Sichtbarkeit von FLINTA*s in der Kunstwelt und in der Gesellschaft unterstützen und ihnen eine Bühne schaffen“, so die Veranstalterinnen.
Text von Tanja Blum und Verena Schmoll
Foto: Eva Schilberth
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